„Ungenügend“ für städtische Schul-IT Antrag im stadtrat

 

Dem Stadtrat wird eine umfassende Darstellung über die Arbeit der LHM Services GmbH (LHM-S) vorgelegt. Insbesondere werden folgende Punkte erläutert:

  1. Wirtschaftlichkeitsbetrachtung
    Es werden alle Unterlagen, Analysen, Gutachten und Berechnungen des RBS, der Stadtkämmerei und des IT-Referats offengelegt, die zur Entscheidung geführt haben, die pädagogische IT in die LHM-S zu überführen. (Die damaligen Sitzungsvorlagen enthalten dazu nur 2 kurze Absätze, dies reicht nicht aus.)
  2. Wie erklärt sich die Formulierung in der Stellungnahme der Stadtkämmerei in der Vorlage „Digitale Bildungsinfrastruktur in Münchner Bildungseinrichtungen“ (Sitzungsvorlage Nr. 20-26 / V 00531, Seite 11), der „Umsetzungsprozess, der unter der Annahme einer insgesamt betrachteten wirtschaftlichen Vorteilhaftigkeit einge- leitet worden ist“? Bedeutet dies, dass die Wirtschaftlichkeit unterstellt, aber nicht detailliert geprüft wurde?
  3. Wie erklärt sich die Formulierung in der Stellungnahme der Stadtkämmerei in der Vorlage „Digitale Bildungsinfrastruktur in Münchner Bildungseinrichtungen“ (Sitzungsvorlage Nr. 20-26 / V 00531, Ergänzung Seite 13), „Des Weiteren dürften auch Überlegungen seitens der LHM-S bestanden haben, weshalb gerade nicht auf bestehende Ressourcen der LHM zurückgegriffen werden sollte, deren Gründe aber abseits steuerrechtlicher Überlegungen zu finden sein dürften.“? Um welche Gründe handelt es sich hierbei? Welche Rolle spielt hierbei, dass für die Übernahme der pädagogischen IT bei der LHM-S ein sog. Overhead, also ein Verwaltungsapparat mit lukrativen Leitungsposten, geschaffen wurde?
  4. Betriebskosten
    Dem Stadtrat werden umfassend und detailliert die Betriebskosten der LHM-S dar- gestellt und künftig jährlich ausgewiesen. Dabei werden explizit die Kosten für das Personal, die variablen Gehaltsanteile für Führungskräfte, die Kosten für externe Beratungsleistungen, Mieten und Dienstleistungen aufgeführt.
  5. Die in Anlage 1 der Vorlage aufgeführten konsumptiven Kosten für das Rechen- zentrum, die Infrastruktur und Telefonie erscheinen außergewöhnlich hoch, vor allem die Aufwendungen pro Jahr für externe Unterstützung. Verfügt die LHM-S nicht über ausreichend qualifiziertes Personal, um diese Leistungen selbst zu erbringen? Muss davon ausgegangen werden, dass externe Berater in diesen Größenordnungen und in dieser Menge dauerhaft eingesetzt werden?
  6. Wurde vor der Überführung der pädagogischen IT zur LHM-S geprüft, ob die geforderten Leistungen zu vergleichbaren Konditionen auch von einem externen Dienstleister erbracht werden können? Wenn ja, welches Ergebnis brachte die

Untersuchung? Wenn nein, warum nicht?
Wurden die Leistungen der LHM-S bzw. des RBS mit denen der Muttergesellschaft SWM und mit externen Anbietern verglichen? Wenn ja, welche Prämissen und Annahmen wurden dabei zugrunde gelegt? Warum? Welche Ergebnisse brachte der Vergleich? Haben sich in der Zwischenzeit Änderungen ergeben, die bei einem Benchmarking zu einem anderen Ergebnis führen würden? Wenn ja, welche?

  1. Die Ergänzung zur Beschlussvorlage (Seite 4) berichtet von „erheblichen Synergieeffekte(n), die sich für die LHM Services GmbH als Teil des SWM-Konzerns ergeben. Die Stadtwerke München agieren bereits seit langem auf sehr hohem Niveau im ITK-Umfeld. Von den Erfahrungen und dem Knowhow aber insbesondere von den prozessualen Strukturen des Konzerns profitiert die LHM Services GmbH in hohem Maße.“ Wir bitten um eine konkrete Darstellung, um welche Vorteile es sich hierbei handelt, die sich für die pädagogische IT in den Händen von RIT und it@m nicht ergeben hätten? Mit welchem „Knowhow“ kann die ehemalige Toiletten-GmbH durch die Einbettung in den Stadtwerke-Konzern aufwarten, die das städtische IT- Referat und it@m nicht haben?
    Auf Seite 7 seiner Stellungnahme (Ergänzung zur Beschlussvorlage) beschreibt das RIT, dass wesentliche Rechenzentrum Services bei it@m seit langem etabliert und bewährt sind, die bei der LHM-S erst kostenintensiv aufgebaut werden müssen, des weiteren erhebliche Summen an Lizenz- und Hardwarekosten, die durch die Nutzung der it@m Systeme eingespart werden könnten. Warum wurde seitens des RBS auf diese Einsparpotenziale nicht eingegangen? Warum wird die Expertise von RIT und it@m nicht genutzt?
  2. Das RIT konstatiert in seiner Stellungnahme (Seite 8) eine mangelnde Kooperation seitens der LHM-S. Es gebe keine gemeinsame Projektorganisation und Information- en würden ungenügend weitergegeben – obwohl das RBS selbst eine gemeinsame Projektorganisation für notwendig hält (s.gleiche Seite, Absatz darüber). Wie erklärt das RBS diese Inkongruenz?
  3. Das RIT legt dem Stadtrat schriftlich und mündlich in einer Präsentation seine Kosten-/ Nutzenrechnung bezüglich der pädagogischen IT dar und gibt im Rahmen einer Ausschuss-Beratung die Möglichkeit zu Rückfragen.
  4. Das RIT verfasst für den Stadtrat eine schriftliche Stellungnahme zur Beurteilung der Gesamtsituation und zu den Hintergründen zur Stellungnahme des IT-Referats zur Beschlussvorlage des RBS, um sicherzustellen, dass der Stadtrat ausreichend über den Status Quo informiert wird.
  5. Das RBS attestiert sich selbst bzw. der LHM-S beste Leistungen und Unterstützung für die Münchner Schulen in der Corona-Krise: „Die LHM Services GmbH konnte den Schulen kurzfristig ein erweitertes Service und Unterstützungsangebot zur Verfügung stellen, um deren Arbeitsfähigkeit während der Einschränkung des regulären Unterrichtsbetriebs sicherzustellen. Innerhalb kürzester Zeit wurde den Schulen MS Teams for Education für den virtuellen Unterricht bereitgestellt.“ Sogar für Beratung und Unterstützung des Bayerischen Kultusministeriums hatte LHM-S noch Kapa- zitäten frei! (Wir bezweifeln keineswegs, dass das Kultusministerium der Unter- stützung bedurfte und noch bedarf.) Wie erklären sich dann aus Sicht des RBS Medienberichte, dass überhaupt an nur 10 städtischen Schulen WLAN vorhanden ist, die Schulleitungen und Lehrkräfte komplett auf sich allein gestellt waren, Privatgeräte benutzen müssen und Elternbeiräte Spenden sammeln, damit der Schulbetrieb über- haupt notdürftig aufrecht erhalten werden kann? Als Beispiele sei hier das Wilhelm- Hausenstein-Gymnasium und das Oskar-von-Miller-Gymnasium genannt.

 

Begründung:
Im Corona-bedingten Lockdown ist es der städtischen Verwaltung hervorragend gelungen, den Betrieb zu großen Teilen auf Homeoffice umzustellen und jederzeit arbeitsfähig zu bleiben. Zu verdanken ist dies der städtischen IT, dem IT-Referat und dem Eigenbetrieb it@m, die innerhalb kürzester Zeit Tausende mobile Arbeitsplätze eingerichtet und bestens betreut haben.

In krassem Kontrast dazu steht leider die IT der Münchner Schulen – sowohl bei der technischen Ausstattung, der Umsetzung des Homeschoolings wie auch der Zusammenarbeit mit den Schulen gibt es massive Defizite und Versäumnisse.
Als ein Beispiel von vielen kann das Wilhelm-Hausenstein-Gymnasium gelten, dem vom Referat für Bildung und Sport (RBS) ein WLAN-Anschluss verweigert wurde mit der erstaunlichen Begründung des Datenschutzes. Mangels Unterstützung der zuständigen Stadtwerke- Tochtergesellschaft LHM-S mussten die Lehrkräfte für das Homeschooling auf ihre privaten Computer zurückgreifen und der Elternbeirat Spenden sammeln für Laptops und Beamer. Nach eigener Aussage des RBS verfügen aktuell ganze zehn Münchner Schulen über einen (siehe 1) WLAN-Anschluss. – Kaum verstellbare Zustände in einer wohlhabenden Kommune wie München im Jahr 2020!
Auch am Oskar-von-Miller-Gymnasium existiert kein von der LHM als Sachaufwandsträger zur Verfügung gestelltes WLAN, an vielen Schulen gibt es nur Laptops ohne Kamerafunktion – wenig sinnvoll für die Durchführung von Distanzunterricht! Sollte corona-bedingt eine Rück- kehr zum rollierenden wöchentlichen Wechsel zwischen Präsenz- und Distanzunterricht erfolgen, stehen die Münchner Schulen vor den gleichen massiven Problemen wie vor Monaten. Da den Lehrern weiterhin keine Dienstlaptops zur Verfügung gestellt werden, wären diese im Falle erneuter Schulschließungen wieder auf ihre privaten Endgeräte angewiesen.

Angesichts massiver Klagen von zahlreichen Schulleitungen, Elternbeiräten und Schüler- vertretungen, die sich bei der Bewältigung der Corona-Krise und der Umsetzung des Home- schoolings von den städtischen Stellen komplett alleine gelassen fühlen, besteht dringender Aufklärungsbedarf über die Arbeit der für die Schult-IT zuständigen LHM-S, deren Einricht- ung von der Schulreferentin nachdrücklich befördert und verteidigt wurde.
Von dem im Namen vertretenen „Service“ merken die Münchner Schulen bisher leider nichts. Im kürzlich vorgelegten Bericht „Digitale Bildungsinfrastruktur in Münchner Bildungseinrichtungen“ (Sitzungsvorlage Nr. 20-26 / V 00531) ist die Rede von „etablierte(m) strategische(m) Anforderungs- und Demandmanagement“ und „Expertise“ – aus der Genese der LHM-S (eine Tochtergesellschaft der Stadtwerke München, ihrerseits eine Tochter der Landeshauptstadt München), die bis vor Kurzem ausschließlich für den Betrieb und die Sanierung der öffentlichen Toiletten in den U-Bahnhöfen verantwortlich war, und der desaströsen Situation der Schulen, stellt sich jedoch die Frage, woher diese Expertise so plötzlich gekommen sein soll und ob hier Fremd- und Eigenwahrnehmung nicht massiv auseinanderklaffen.
Trotz eindringlicher schriftlicher Stellungnahmen und Warnungen des IT-Referats wurde nie eingehend geprüft, ob ein anderer, evtl. externer Dienstleister den Service nicht billiger an- bieten hätte können.
In einer Stellungnahme der Stadtkämmerei (Ergänzung zur Vorlage S. 11) klingt an, dass der Umsetzungsprozess, also die Überführung der Zuständigkeit für die Schul-IT an die LHM-S, unter der Annahme einer insgesamt betrachteten wirtschaftlichen Vorteilhaftigkeit eingeleitet worden ist, d.h., die Wirtschaftlichkeit wurde einfach unterstellt, nicht geprüft.

Auf in der Stellungsnahme des IT-Referats (RIT) ausführlich geschilderte finanzielle und qualitative Vorteile (S. 11 ff.), die sich durch eine Übernahme der pädagogischen IT durch RIT und it@m ergäben, wird kaum eingegangen.
Einsparpotenziale in Millionenhöhe durch Rückgriff auf bestehende Ressourcen wurden nicht einmal überprüft, stattdessen wurde die von einer Toiletten- in eine IT-Gesellschaft umgewandelte LHM-S mit einem großzügigen Overhead ausgestattet, der die öffentliche Hand viel Geld kostet, das nicht der technischen Ausstattung der Münchner Schulen zu Gute kommt. Um die Situation an den Münchner Schulen schnellstmöglich zu verbessern und gleichzeitig eine strenge Kostenkontrolle durchführen zu können (die gerade in der Corona-bedingten Wirtschaftskrise auch für den städtischen Haushalt von enormer Wichtigkeit ist), ist hier eine Information des Stadtrats mit größtmöglicher Offenheit und Transparenz unumgänglich.

Zu Punkt 9: Im gemeinsamen Ausschuss von RBS und IT-Referat konnte man den Stellungnahmen und Argumenten des RIT aufgrund der schlechten Akustik sowie der Menge der Informationen nicht gut folgen.
Da die aufgezeigten großen Einsparpotentiale durch das IT-Referat für den Stadtrat ohne Unterlagen nicht nachvollziehbar sind und nicht geprüft werden können, ist eine nochmalige gesonderte Behandlung erforderlich.

Im Rahmen einer ersten Anfrage hat das RIT die Herausgabe von Unterlagen nicht befürwortet und auf interne Abstimmungsprozesse verwiesen.

(1) https://www.sueddeutsche.de/muenchen/muenchen-bogenhausen-schule-digitalisierung- 1.4982695

 

Stadträte
Prof. Dr. Jörg Hoffmann (Fraktionsvorsitzender)
Gabriele Neff (stellv. Fraktionsvorsitzende)
Fritz Roth
Richard Progl

 

Pressekontakt
FDP BAYERNPARTEI Stadtratsfraktion
Richard Progl, BAYERNPARTEI

E-Mail fdpbayernpartei@muenchen.de
Tel +49 (89) 233 20798

Hier geht es zum Antrag im Stadtrat.